Donnerstag, 14. Mai 2009

Lederqualität und Gürtelaufbau

Bei der Beurteilung der Lederqualität ist man als Laie häufig überfordert. Wenn man wenig Erfahrung hat, darf man sich in der Beurteilung von Lederqualitäten ruhig auf seinen Tastsinn verlassen. Gute Leder haben eher einen eleganten Wachs-" oder einen leichten "Fettgriff", minderwertigere Leder fühlen sich oft eine wenig kunststoffartig oder gelackt an. Weist bei glänzendem Leder der Glanz eine schöne Tiefe und Transparenz auf, hält man eher ein wertvolles Leder in der Hand. Ist der Glanz speckig und gelackt, ist zumindest die Qualität der Oberfläche eher einfach. Von der Härte oder Steifheit eines Gürtels kann man übrigens leider keine objektiven Schlüsse auf die Qualität oder Haltbarkeit ziehen, das hängt auch bei sehr guten Ledern eher von der Gerbart und vom Fettgehalt ab.

Echt Leder - Kennzeichen
Leider helfen die im Gürtel eingeprägten „Echt Leder“ - Kennzeichnungen nicht, denn nach einer Norm der Lederindustrie dürfen auch hauchdünn beschichtete und mit Lederstruktur überprägte, minderwertige Spaltleder als echt Leder bezeichnet werden, da sie ein zusammenhängendes Stück der gewachsenen Lederhaut sind. Der „Echt Leder“ Eindruck wird leider in der Praxis - dann aber ungesetzlich - sogar für sog. LEFA-Materialien (LEDER-FASER-MATERIAL; hergestellt aus gemahlenen Lederresten) verwendet! Erkennbar sind beschichtete Spaltleder meist, wenn man den Gürtel in engem Radius nach hinten biegt. Die zunächst glatte Oberfläche zeigt Hubbel (die grobfaserige Lederstruktur des Spaltes zeichnet sich an der Oberfläche ab). Die noch unsäglicheren Lefa-Materialien sind für Laien kaum zu erkennen, da bei Riemenoptiken sogar echte, sehr lose Spaltleder auf die Rückseite kaschiert werden, um dem Betrachter eine Echt-Leder-Optik vorzugaukeln. Manchmal kann man im Stanzloch der Löcher gut erkennen, dass es sich nicht um die natürliche Gewebestruktur eines Leders handeln kann.

Riemenqualität (1 Lage Leder, d.h. kein Lagenaufbau)
Gemeint sind ungefüttert verarbeitete, vegetabil gegerbte Leder meist aus Rindsleder. Diese Gürtel sollten aus ca. 4 mm starkem, vegetabil (pflanzlich) gegerbtem Vollrindleder hergestellt sein und das Leder sollte nur aus dem Rückenbereich der Rindslederhaut stammen. Dort ist das Rindsleder dicker und die Faserstruktur feiner und haltbarer als aus dem Bauchbereich.
Bei dieser Gürtelart kann man meist von einer gut verarbeiteten Gürtelkante auf die Qualität des Artikels schließen: Die Kanten sollten sorgfältig rund geschliffen, gerne auch transparent gebeizt, gewachst und poliert sein, so wie es die Sattler früher gemacht haben. Es darf nicht kratzen, es muss sich gut anfühlen, einen solchen Riemen durch die Hand gleiten zu lassen. Gürtelkanten, die mit dickschichtiger Latexfarbe (fühlt sich gummiartig weich an, versprödet gerne nach einiger Zeit und bröckelt dann von der Kante ab) beschichtet wurden, weisen eher auch auf ein minderwertiges Produkt hin.


Gürtelaufbau in 2 Lagen (offenkantig / offenkantig bombiert)
Wenn für Obermaterial und Futter jeweils anspruchsvolle, vollnarbige Leder verwendet werden, ist mit dieser Verarbeitungsart ein hervorragender Gürtel mit sportlichem Charakter herzustellen. Die offenkantige Verarbeitung meint, dass die in der Verarbeitung zunächst sichtbaren, offenen Leder-Schnittkanten geschliffen, gebrannt, gebeizt, und poliert werden sollten. Oft in mehrfachen Durchgängen, bis die Kante perfekt ist. Sind die Gürtelkanten sorgfältig verarbeitet, fühlt es sich gut an, wenn man den Gürtel durch die Hand gleiten lässt. Fühlt sich die Kante kratzig an, so weist dies auf eine insgesamt geringere Sorgfalt hin. Die Gürtelkante sollte sich auch nicht gummiartig oder gelackt anfühlen, denn dann handelt es sich wahrscheinlich um die bei "Riemen" beschriebene Latexfarbe, die schon eher auf einfache Qualitäten hinweist.

Gürtelaufbau in 3 Lagen mit umgebugten Kanten
Diese Verarbeitungsart ist selten und wird bei professionellen Gürtelherstellern in Deutschland wahrscheinlich nur noch von einem Hersteller wirklich ernsthaft praktiziert. Die Lederzuschnitte des Obermaterials müssen für diese spezielle Verarbeitungsart gut 1/3 breiter zugeschnitten werden. Die Lederkanten des Leders müssen dann dünn ausgeschärft werden, damit das umbuggen (auch: "einschlagen") um die Gürtel-Einlage möglich wird. Als Einlagenmaterial wird ein dauerelastisches, atmungsaktives Faserflies oder für die Premiumqualitäten auch eine weitere Lage grubengegerbten Leders verwendet. Als Futterleder sollten in jedem Fall vollnarbige, wenn nicht sogar grubengegerbte Leder eingesetzt werden. Erkennungsmerkmal: Diese Verarbeitungsart erkennt man leicht, wenn man sich die Gürtelkante anschaut. Das Oberleder geht um die Gürtelkante bis zur Futterseite und wird dort vom Futterleder abgedeckt. Vorteil dieser Verarbeitungsart: Die Gürtelkante ist bei dieser Verarbeitungsart um ein vielfaches widerstandsfähiger, da die Gürtelkante vollständig von der sehr feinen Faserstruktur der Oberhaut gebildet wird, die einer Kantenfarbe im Verschleißverhalten wesentlich überlegen ist.

Bombierung
Die Bombierung bezeichnet den Konturenverlauf eines Artikels im Querschnitt; d.h. das Dickenverhältnis von Artikelkante zur Artikelmitte. Beim Gürtel wirkt eine geringe Bombierung elegant, eine starke Bombierung mit relativ dünner Kante und kräftigem Querschnitt in der Gürtelmitte eher sportlich. Die stärke der Bombierung gibt allerdings keinen wirklichen Hinweis auf die Qualität der eingesetzten Komponenten!

Naht
Das Nahtbild beeinfluß wesentlich die Erscheinung jedes Lederartikels. Durch die Fadenstärke, die Stichweite (Abstand von Stich zu Stich), den Randabstand der Naht und die Nahtfarbe (Lederfarbe oder Kontrast) wird der elegante oder sportliche Charakter eines Modells ganz wesentlich festgelegt. Unabhängig von der Fadenstärke weist eine saubere Naht immer auch auf eine insgesamt sorgfältige Verarbeitung hin.


Qualität der Gürtelschließe
Gute, solide Gürtelschliessen sind in Messing gegossen. Erkennbar sind Messingschliessen z.B. an der rückseitigen Gravur „Solid brass“. Nach dem Gießen werden die Schliessen vom Hersteller sorgfältig von scharfen Kanten und Metallgrat befreit, handpoliert und aus modischen Gründen meist galvanisch vernickelt oder versilbert. Die Oberflächen sollten glatt sein und die Galvanik darf keine Pickel oder kleine Blasen aufweisen. In allen Durchgangsbereichen der Schliesse, und insbesondere am Innenbereich des vorderen Querstegs bei Dornschliessen, über die man den Gürtel ja bekanntermassen beim Anziehen zieht/zerrt, darf keine scharfe Kante, oder gar ein Metallgrat fühlbar sein. Schonend für jedes Leder sind sportliche Schliessen mit Rolle (wenn die Rolle einteilig ohne Längsschlitz hergestellt ist), da das Leder auch bei hoher Beanspruchung an der Rolle nicht reibt, sondern eher abrollt. Für noch exklusivere Ansprüche wird gerne auch Sterlingsilber 925 eingesetzt.



Herstellernamen und Marken
Sicher sind echte Hersteller-Spezialisten mehr um gute Qualitäten bemüht und bieten im Allgemeinen ein besseres Preis-Leistungsverhältnis, wie so manches Design-Label, das den Gürtel nur als Abrundung des modischen Sortimentes versteht. Hersteller, mit denen man zufrieden ist, darf man sicher weiter vertrauen.